Das Messner Mountain Museum Corones: Erstes Gebäude nach parametrischen Maßstäben in Südtirol steht auf einer Bergspitze

Faszinierende Architektur in anspruchsvoller Lage auf dem Kronplatz

Parametrismus – mit diesem Schlüsselbegriff sind die Werke von Zaha Hadid eng verbunden. So manchem gilt das parametrische Bauen bereits als der neue internationale Stil zeitgenössischer Architektur. Grundlage dieses Stils ist die Verwendung digitaler Entwurfstechniken. Auf diese Weise kann Freiform-Architektur entstehen, die auf den Betrachter eine besondere Faszination ausübt, weil sie zum Beispiel zu weich fließenden Formen führt. Die Natur spielt dabei eine entscheidende Rolle. Sie prägt das parametrische Entwerfen – die architektonischen Formen scheinen mit den äußeren Gegebenheiten zu verschmelzen. Parametrische Ansätze finden sich auch im MMM Corones wieder.

Wie Kaskaden führen Treppen über drei Ausstellungsebenen tief in den Berg hinein. Allein der Eingang ist von außen sichtbar. Dass das Primat des rechten Winkels für die britische Stararchitektin nicht gilt, zeigt der Museumsbau eindrucksvoll. Durch die doppelt gekrümmten Flächen ergibt sich für die Besucher eine neue Wahrnehmung der Räume im Berg als dynamische Struktur. Der Blick geht dabei automatisch wieder nach außen durch verglaste Aussichtsöffnungen, auf die die drei Stollen im Inneren zulaufen. Eine einzigartige Naturkulisse tut sich auf: von den Zillertaler Alpen über den Ortler bis zu den Dolomiten reicht das 240 Grad-Bergpanorama.

Warum Beton für die Architekten bei diesem Projekt das ideale Bekleidungsmaterial darstellt, erklärt Cornelius Schlotthauer, Senior Associate bei Zaha Hadid Architects und Projektleiter des MMM Corones.

„Beton sowohl als äußeres wie auch inneres Bekleidungsmaterial zu verwenden, war naheliegend für uns, da er neben den guten Materialeigenschaften auch am ehesten unseren Wunsch zur freien Gestaltung der geometrischen Form entspricht. Kaum ein anderes Material lässt sich so gut in alle denkbare Formen gießen, wie der Beton. Als Grundlage hierfür dienen die am Computer entworfenen, komplexen 3D-Formteile, die dann über einen mehrfach gelagerte CNC-gesteuerten Fräsroboter aus gewaltigen Styroporblöcken heraus modelliert werden.“

„In diese Formteile wird über ein mehrschichtiges Verfahren im Wechsel Beton und Glasfasermatten gelegt, so dass am Ende sehr stabile und über das übliche Maß hinausgehende Elemente oder Paneelen in extrem schlanker Materialform entstehen. Ein unvergleichliches Raumerlebnis wird erzeugt. Die Großzügigkeit der Paneele lässt das Fugenbild in den Hintergrund treten, die Dynamik der Form ist ungebrochen und zusammenhängend.“

Cornelius Schlotthauer weiter: „Darüber hinaus schafft der Beton optimal den Bezug zum Thema Fels. Beständig in der Haptik und souverän in der Gestalt spiegelt der in Beton eingehüllte Entwurf in der äußeren Erscheinung die alpine Landschaft mit all den Bergmassiven und Gipfelpunkten wider. Die natürliche Farbigkeit des Betons fügt sich wie selbstverständlich in das Umgebungsbild der Berglandschaft ein. Die Reduktion der Oberflächen auf den Beton als nahezu einziges Material vermittelt den Eindruck einer entmaterialisierten Landschaft, wie sie typisch für die großen Höhenlagen in Bergregionen ist.“

Hohe Maßstäbe haben sich der Kronplatz, Reinhold Messner und das Architektenbüro zudem bei der Energieeffizienz des Gebäudes gesetzt. Das MMM Corones wurde von der KlimaHaus Agentur Bozen als KlimaHaus A (Heizenergiebedarf unter 30 kWh/m²a) zertifiziert.

Für das Energiekonzept des Museums überprüften die Planer mehrere Möglichkeiten in ökologischer und ökonomischer Hinsicht. Als Ausgangspunkte wurde eine regenerative Energiequelle gesucht, die sich mit den erschwerten Umständen, z.B. der Erreichbarkeit, der Meereshöhe, der Witterung und der Nutzung des Skiberges in den diversen Jahreszeiten ideal in Einklang bringen ließe. Die Planer griffen auf eine konservative, jedoch in neuerer Zeit aufgrund der zunehmenden regenerativen Erzeugung eher zukunftsweisende Energiequelle, elektrischer Strom, zurück. Auch während des Baus wurde der Fokus auf den Energieverbrauch gelegt. Seit der Wintersaison 2012/2013 bezieht das Skigebiet Kronplatz seinen Strom über erneuerbare Energien von den Südtiroler Wasserkraftwerken.

Um diese kostbare Energieform und dessen Verbrauch so gering wie nur möglich zu halten, wurde der Fokus auf die thermische Hülle und auf die Heizanlage an sich gelegt. Die thermische Hülle des Gebäudes wird mit einem Wärmedämmsystem von einer Stärke von 18-24cm komplett ringsum eingehaust und mit dreifachen Wärmeschutzfenstern versehen. Die technische Heizanlage ist mit Niedertemperaturheizflächen ausgestattet sowie mit einer Be- und Entlüftungsanlage und einer hohen Wärmerückgewinnungsanlage versehen.

So anspruchsvoll wie die Konzeption erweist sich auch die Umsetzung des Projektes. „Bauen auf dem Berg bringt ganz eigene Herausforderungen mit sich“, erläutert Andrea del Frari, Direktor des Verbundes Skirama Kronplatz.

Die Hauptzufahrt zur Baustelle ist eine 15 Kilometer lange Forststraße auf der Nordseite. Über eine Schotterstraße auf der Südseite werden ausschließlich Fassaden- und Verschalungselemente transportiert. Bei nasser Witterung – wie in diesem Sommer häufig der Fall – sind regelmäßige Reparaturen der Zufahrten notwendig, die Zeitverzögerungen beim Bauprozess nach sich ziehen.

„Nur wenn diese Zufahrtwege schneefrei bleiben, können wir weiterbauen“, sagt Andrea del Frari. “Da wir allerdings im Oktober bereits mit der technischen Schneeerzeugung starten, fällt der Bau bis Mai 2015 in eine Art Winterschlaft. Somit wird die Eröffnung in den Sommer des kommenden Jahres gelegt.”

Auch der Transport der doppelt gekrümmten Verschalungselemente, die eigens bei einem spezialisierten Hersteller in Raubling/Deutschland produziert werden, ist eine besondere logistische Leistung. Sie werden zunächst per Sattelschlepper angeliefert und dann für die Auffahrt auf den Berg auf kleinere LKWs verladen. Dort erfolgt die Verteilung der Platten über die gesamte Baustelle mit geländegeeigneten Baggern.

Um den Überbau des Museums entsprechend der dort vorgefundenen Naturlandschaft wieder herzustellen wurde während des Aushubs die bewachsene Oberflächenschicht abgetragen und bis zur späteren Auffüllung gelagert. Zur optimalen Stabilisierung des Erdreichs wird zudem ein hochalpiner Rasen, der speziell für eine Höhe ab 1.800 Meter entwickelt wurde, ausgesät. „Auch hierbei sind wir davon abhängig, dass es noch möglichst lange frostfrei bleibt“, so Andrea del Frari.

Die Besucher können sich schon jetzt auf ein echtes Erlebnis freuen. Das MMM Corones ist direkt mit der Kabinenbahn oder zu Fuß auf einer Bergwanderung erreichbar. Die Königsdisziplin des Bergsteigens und die großen Wände werden die zentralen Themen des Museums sein, veranschaulicht anhand von einzigartigen Sammlungen, Bildern und verschiedenen Gegenständen, die Reinhold Messner in seinem Leben als Grenzgänger gesammelt hat.

Weitere Informationen zum Messer Mountain Museum Corones unter http://www.mmmcorones.com.

Fotos: Harald Wisthaler, www.wisthaler.com