Bericht: ap35 auf der Architektur Biennale in Venedig

13. Architektur Biennale in Venedig
Vom Einzelnen zum öffentlichen Raum und ungenutzten Potentialen

Common ground – öffentliches Gelände – ist das Thema der 13. Architektur Biennale in Venedig.

Geplatzte Immobilienblase in Spanien, Bankenkrise und Wirtschaftskrise in Europa bringen die Menschen auf die Straße. Die Einen ungewollt, weil sie ihren Wohnraum verloren haben, die Anderen besetzen bewusst Straßen und Plätze um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Es entstehen Gemeinschaften, die sich einrichten und den öffentlichen Raum mit neuem Leben füllen. Über alle sozialen Schichten werden Kontakte in einem neuen Netzwerk geknüpft und neue gesellschaftliche Modelle erarbeitet. Es scheint, dass Krisen die öffentlichen Räume neu belebt und ins Bewusstsein der Gesellschaft rückt. Städte und Kommunen sind in der Pflicht die Bausteine des öffentlichen Lebens im Stadtbild neu zu definieren – und das bei schwindenden Budgets.

Private Initiativen eigenen sich den „Unraum“ zwischen gesichertem Eigentum und öffentlicher Vernachlässigung an. Es entsteht ein Mehrwert, der jedem Einwohner geboten wird. Letztlich erzeugt die momentane öffentliche Aufmerksamkeit des „Common Ground“ bei jedem Bewohner, der sich durch eine Stadt bewegt eine bewusste Wahrnehmung seiner Umgebung.

Daher ist die Vorgabe des Themas für die Biennale Architettura 2012 von David Chipperfield lobenswert, die eine Auseinandersetzung erzwingt. Kurz nach dem Betreten der Ausstellungshalle in den Arsenale werden öffentliche Räume über eine Videoinstallation thematisch erlebbar gemacht. Bildfolgen und deren akkustische Begleitung filtern die Essenz des Ortes und zeigen in der Reduktion genau das, was in Realität oft übersehen wird.

Viel Architekturbüros zeigen den Umgang mit dem öffentlichen Raum in ihrem spezifischen Umfeld. Sie zeigen einen Ist-Zustand und mögliche Lösungen in der Nutzung.

Leider haben besonders große und renommierte Architekturbüros nicht die Verantwortung im diesjährigen Thema erkannt. Sie reduzieren die Architektur Biennale auf eine persönliche Nabelschau.

Venedig selbst ist eine faszinierende Stadt mit Gassen, kleinen und großen Plätzen und vielen Besuchern. Eine interaktive Einbeziehung der öffentlichen Räume der Stadt mit den Besuchern im Gelände der Architektur Biennale und darüberhinaus hätte die Veranstaltung einem breiteren Publikum geöffnet und neue Vernetzungen ermöglicht. Der eine große „Wow-Effekt“ war nirgends zu entdecken. Schade!