Architektur Biennale Venedig 2016

Die 15. Architektur Biennale in Venedig

Alle zwei Jahre pilgern sie in schwarzweißer Sommerkleidung, in gelben und roten Strümpfen, polierten Sneakers für 5 Tage in die Lagunenstadt zur wohl größten internationalen Plattform des Architekturkosmos.

Hier trifft man sie alle – die Stars, die Macher, die Philosophen bis hin zu den Finanz-Ökonomen aus der ganzen Welt. Alle kommen sie, um sich real in der vermehrt digitalen, künstlerischen Umgebung auszutauschen, zu netzwerken und Geschäfte zu machen. Letzteres wird von der jüngeren Generation konsequent umgesetzt.

So findet der Austausch längst nicht mehr nur auf dem Ausstellungsgelände und in den Pavillons statt. Venedig der Meltingpot, das Casino der kreativen Bauschaffenden, bewegt sich wie ein Virus durch die Stadt. Wir berichten von der Preview, den Länderbeiträgen, von dem Schaffen an der Front und der sozialen Aufrufe in Richtung der politischen Uneinigkeit. Und natürlich von den verschiedenen Partys und dem Piratenschiff von BIG, den konservativen Treffen der Altehrwürdigen in den schattigen, venezianischen Gärten.

So, nun ab in den VW Bus, über den Brenner zum Brioche im Café Marco Polo am Piazza San Marco.

A presto e salute a tutti

Portrait: Lars Teichmann, Zaha Hadid Architects

„Raum kann wie Musik sein…“
Portrait Lars Teichmann
Associate Zaha Hadid Architects, London

Über Zaha Hadid wurde in den letzten Jahren viel berichtet: Sie ist die Grande Dame der Architektur, die erste Frau, die den Pritzke-Preis erhielt. Ihre Bauwerke sind wie sie selbst, königlich und kapriziös zugleich. Hinter ihr steht ein 400-köpfiges Team aus den besten Architekten weltweit.

Lars Teichmann, seit 2005 Associate im Londoner Hauptsitz des Architekturbüros, ist zu nett, zu jung, zu unerfahren – zumindest seiner eigenen Beschreibung nach. Als man nachhakt, fährt  er mit den Fingern durch das dunkle Haar. „Jetzt mal im Ernst, was mich immer wieder überrascht ist, dass man vielfach schon intuitiv die Antwort auf ein Problem weiß, beziehungsweise spürt wie etwas besser zu lösen wäre, während man noch versucht rational zu agieren. Als Architekt wird man daher wohl erst richtig gut, wenn man kurz vor der Rente steht.“, sagt der gebürtige Nürnberger, den es 1998 nach London verschlug. Nach seinem Aufbaustudiengang an der Architectural Association wollte Lars Teichmann noch ein Jahr in der britischen Metropole verbringen und kam über die Empfehlung seines Professors Patrik Schumacher, Büroleiter bei Zaha Hadid, in deren Architekturbüro. Mittlerweile sind aus dem einen Jahr in London insgesamt 12 geworden.

Vom Rentenalter ist Lars Teichmann also noch weit entfernt, seine Qualitäten als Architekt konnte er jedoch in den letzten 12 Jahren schon mehr als einmal unter Beweis stellen. Eine große Inspiration dabei war es, die Entwicklung des Büros Zaha Hadid hautnah mitzuerleben.
„Als ich im Jahr 2000 bei Zaha begonnen habe, waren wir in etwa 20 Mitarbeiter in einem Raum.  Heute sind wir fast 400 Mitarbeiter aus 55 Nationen.  Anteil an dieser Entwicklung gehabt zu haben, war eine ganz wesentliche Erfahrung. Ein entscheidendes Projekt war für mich das BMW Zentralgebäude in Leipzig (2001-2005), das wir über einen Wettbewerb gewinnen konnten. In Folge konnte ich den Entwurf dann auch weitgehend selbstständig und eigenverantwortlich umsetzen. Jungen Mitarbeitern frühzeitig viel Verantwortung zu überlassen ist eine unserer Erfolgsgeschichten auf dem Weg zu einem ‚Global Player’“, erzählt Lars Teichmann.

Die Ideen für die einzelnen Projekte entstehen meistens aus komplexen Aufgabenstellungen und dem Bestreben, einfache, funktionale und neue Lösungen zu finden. Lars Teichmann hegt eine große Leidenschaft für komplexen und interessanten Raum und versucht dies in den einzelnen Bauten umzusetzen. „Meiner Ansicht nach war der freie Raum eine der großen Errungenschaften der klassischen Moderne, die es gilt zeitgemäß fortzuschreiben. Im Idealfall kann Raum wie Musik sein. Man muss nicht wissen wie, was oder warum, um es erleben zu können, man sollte es intuitiv genießen können“, sagt der Architekt und zeigt sein sympathisches Lächeln.

Musik ist auch eine geliebte Freizeitbeschäftigung des Architekten, genauso wie Fotografie, Mountainbiken, und Geschichte.  In all diesen Dingen würde sich der Familienvater gerne noch viel mehr vertiefen, „hätte ich bloß ein wenig mehr Zeit, mich intensiv mit einem Hobby zu beschäftigen“.

Projektbilder
Bilder © Zaha Hadid, Fotografen Helene Binet, Werner Huthmacher, Roland Halbe
Portrait Lars Teichmann © Fotograf Alex Telfer

BMW Central Building, Leipzig

King Abdullah Petroleum Studies and Research Center, Riyadh, Saudi Arabien

Kalender für Architekten und Architekturliebhaber

Es gibt Neuigkeiten aus dem Hause www.archipendium.com!

Der Architekturkalender Archipendium 2013 architecture führt mit 365 Beispielen moderner Architektur aus aller Welt durchs Jahr.

Präsentiert werden faszinierende Bauten von sowohl jungen innovativen Architekturbüros als auch von international renommierten Architekten wie COOP HIMMELB(L)AU, Jean Nouvel, Massimiliano Fuksas, Tony Fretton oder Zaha Hadid. Farbige Fotografien auf der Vorderseite eines jeden Kalenderblatts eröffnen zusammen mit rückseitigen Detailzeichnungen und erläuternden Kurztexten (Englisch) ein authentisches Panorama zeitgenössischer Architektur. Mit einem Vorwort von Herwig Spiegel von Alles wird gut.

 

Zeitgemäßes Design im öffentlichen wie privaten Raum versammelt der Designkalender Archipendium 2013 design. Jeder Tag hält ein neues inspirierendes Designobjekt bereit – ob Möbel, Einrichtungsgegenstand, Szenografie oder Lichtinstallation. Vertreten sind insgesamt 200 verschiedene Designer und Büros wie Ben van Berkel/UN Studio, Graft, Fabio Novembre oder Jesper Stahl. Mit einem Vorwort von Nils Holger Moormann.”

Bestellung und weitere Informationen unter: www.archi-maps.com und www.archipendium.com

 

Archipendium architecture
Archipendium design
11 x 14 cm
368 Seiten
rückseitige Lochung zum Aufhängen
Vorwort von Herwig Spiegl (architecture)
und Nils Holger Moormann (design)
Preis 16,90 €

ISBN 9783940874443 (architecture)
ISBN 9783940874474 (design)

Portrait: Kai Stania, Produktdesigner

Der Raum ist nicht genug
Gestaltung ist alles

Kai Stania begann Architektur zu studieren um mehr über die Geheimnisse der Räume zu erfahren: ihre Größe, Form, Belichtung, Konstruktion und Verbindung zu anderen Räumen. Mehr jedoch interessierte er sich für die Dinge, die den Raum ausfüllen und mit dem Raum an sich in eine Beziehung treten. So entwarf er die Einrichtung seiner Wohnung selbst. Sowohl der Raum als auch seine Einrichtungen treten in Kommunikation mit dem Nutzer und lösen bei diesem eine Reaktion aus. Genau diese direkten Reaktionen auf die von ihm entworfenen Produkte interessieren Kai Stania.

Parallel zu seinem Studium der Architektur an der TU Wien begann er ein Studium an der Hochschule für angewandte Kunst Wien in der Meisterklasse für Produktdesign Ron Arad. Will Alsop war Architekturprofessor von Kai Stania, an dessen Institut er zehn Jahre gearbeitet hat. Auslandsaufenthalte führten ihn an die University of Michigan sowie in das Architekturbüro Alsop & Störmer Associates in London. Design- und Architekturprofessor hatten einen starken Einfluss auf Kai Stania, der nach seinen Studien begann für bene Büromöbel Serienprodukte zu gestalten und entwickeln.

„Wien ist ein wunderbarer Ort um dort zu leben“, so Kai Stania. In Wien ist er mit der Gründung seines eigenen Designbüros 2002 nun endgültig angekommen. Dies liegt wohl auch daran, dass er sein Büro- und Wohnhaus in den bewaldeten Hügel mit Blick auf die Stadt selbst entworfen hat.

Am liebsten würde Kai Stania sofort mit dem Bau seines nächsten eigenen Hauses beginnen. Hauptsächlich aus dem Grund, um neue Raum und Wohnerlebnisse zu testen und um über neue Produkte nachzudenken. Es ist diese innere Unruhe „Neues“ zu generieren, die ihn antreibt. Und es sind die Reaktionen der Menschen auf seine Produkte, die ihn interessieren, besonders ist es die Freude, wenn seine Produkte Gefallen finden.

So ist Kai Stania derzeit mit der Gestaltung ganz unterschiedlicher Erzeugnisse beschäftigt, wie Sanitärkeramiken, einem Füllfederhalter, einer Uhr, einer neuen Cerruti-Collection und wieder einem Stuhl, nachdem erst im Oktober Rolf Benz 226 ein konfigurierbarer Polsterstuhl vorgestellt wurde.

Den Kopf ausgefüllt mit kreativen Gedanken und vielfältigen Aufgaben ist einzig seine Familie sein Ruhepol. Wie die Vielfalt seiner Aufgabenstellungen letztlich die Handschrift von Kai Stania im fertigen Produkt zeigt, ist es ihm gelungen Leidenschaft, Produktivität und Familie zu vereinen.

Portrait: Jens-Michael Baum, Akustik-Spezialist

Das große Rauschen
Architektur ist hörbar

 Wer träumt nicht davon: das eigne Haus direkt am Meer in einem kleinen Fischerdorf. Von der Terrasse schweift der Blick über die scheinbar unendliche Wasserfläche, die sich am Horizont verliert. Der Geruch von Salzwasser schwebt in der Luft. Der Geschmack von Fisch liegt auf der Zunge. Zu hören ist nur das gleichmäßige Rauschen der Brandung überlagert von vereinzelten Möwenschreien.

Unserer Sinne sind permanent im Einsatz. Jedoch werden nicht alle gleichermaßen wahrgenommen. Je nach Situation treten die Reize des Einen oder Anderen stärker in unser Bewusstsein. Hören können wir nicht ausschalten. Unsere Ohren sind offen für alle Geräusche in unserer Umgebung, auch für die Gespräche der Kollegen, die wir nicht unbedingt hören wollen. Geräusche sind ebenso Abbilder unserer Realität wie alle visuellen Eindrücke. Die Natur und Architektur gestaltet unseren Lebensbereich. Sichtbar. Und hörbar – nur machen sich die wenigsten bewusst, wie ein Raum klingt.

Jens-Michael Baum hat sich als Architekt darauf spezialisiert das sichtbar zu machen, was von anderen überhört wird. Seit 1991 führt er ein eigenes Planungsbüro mit dem er sich über die Jahre auf Innenausbau und Gestaltung von offenen Arbeitslandschaften unter Beachtung von Organisationsstrukturen und –prozessen sowie von Belüftung, Belichtung und Beschallung spezialisiert hat.

Verstärkt wird die Kompetenz durch ein Netzwerk externer Speziallisten. Eines der ersten Projekte auf dem Weg in die Spezialisierung war die Realisation des technischen und gestalterischen Innenausbaus der neuen Firmenzentrale der Firma Dräger in Lübeck.
Derzeit findet der Umbau der ERGO Versicherung in Hamburg mit einer der größten Großraumfläche (rund 24.000 m² in einem Raum) in Europa statt. Das Ziel ist die Diskretion und Privatheit, Kommunikation und Konzentration im Großraumbüro zu verbessern. Nicht die Lautstärke ist der Feind im Open Space, sondern das unfreiwillige Mithören der Gespräche anderer.

Jens-Michael Baum ist:

akkreditiertes Mitglied im Arbeitsgremium des DIN Deutschen Institutes für Normung e.V Berlin,
im Arbeitskreis – Schallschutz und akustische Gestaltung im Büro – VDI 2569,
akkreditierter Trainer im Arbeitsgremium des Deutschen Institutes für Normung e.V. Berlin.

Wenn bei Jens-Michael Baum das Ohrensausen bei allem Engagement zu groß wird, setzt er sich gerne an das Lenkrad seines 27 Jahre alten Saab um beim Besuch eines Museums auf neue Gedanken zu kommen.

Seine Leidenschaft als auch sein Ruhepol ist das eingangs erwähnte Haus am Meer. Diesen Traum hat er sich bereits verwirklicht.